O-Ton Dietmar Hehenberger:
„Die Farbe ist ein schönes Kirschrot, sehr kräftig. Schöne violette bis orangige Ränder – ist auch schon drei Jahre alt mittlerweile. Er ist sehr sauber und klar. Auch in der Nase spürt man schon die Kirscharomen, Waldbeer-, Brombeertöne. Er ist fehlerfrei, er ist sehr fruchtig, hat auch ein leichtes Holz, einen leichten Holzton, wird wahrscheinlich in großen Eichenfässern ausgebaut worden sein. Die Zungenspitze erkennt ja, ob der Wein süß oder trocken ist, dieser Wein ist völlig trocken, nehme an zwischen zwei und drei Gramm Restzucker und hat eine angenehme eingebundene Säure, ist natürlich 2005 und schon sehr rund und elegant.“
Redakteur:
So rund und elegant dieser Jahrgang 2005 in der Verkostung auch ist, die Tradition des Weinanbaus in Österreich geht zurück bis etwas 700 vor Christus. In einem keltischen Grabhügel, den man im burgenländischen Zagersdorf entdeckte, fanden sich Traubenkerne, die der Kulturrebe „Vitis Vinifera“ zugeordnet werden konnten. So brachten die Kelten den Wein nach Österreich und die Römer sorgten für eine rasche Verbreitung. Der WIFI-Trainer und Diplom-Sommelier Hans Stoll weiß mehr zur österreichischen Weingeschichte.
O-Ton Hans Stoll:
„Die Weinkultur hat sich in den letzten 20, 23 Jahren speziell, besonders entwickelt. Wir hatten 1985 ein etwas dunkleres Ereignis in der österreichischen Weingeschichte, und das hat dazu geführt: Es wird heute Qualität statt Quantität genossen – also Trinken ist nicht mehr so in, Genießen ist in, der Konsument ist flexibler geworden. Man trinkt speziell nicht nur mehr Rotwein oder nur Weißwein. Der Konsument trinkt heute der Saison angepasst und den Speisen angepasst.“
Redakteur:
Der Konsument ist flexibler geworden und kennt sich aus. Daher ist es ein absolutes Muss, dass auch die Hotellerie die Weinkenntnisse ihrer Angestellten dieser Entwicklung anpasst. Dietmar Hehenberger führt ein 4-Sterne-Hotel in Guglwald und setzt auf gut ausgebildete Sommeliers.
O-Ton Dietmar Hehenberger:
In der 4-Sterne-Hotellerie wird es einfach schon vorausgesetzt, dass ein Sommelier im Haus ist. Und es ist natürlich traurig, wenn sich die Gäste schon mehr auskennen wie der Wirt selbst – das wäre eine große Schande. Daher ist es unumgänglich, in unserem Haus einen Sommelier zu haben.
Redakteur:
Ohne Sommelier geht es also nicht. Doch die Karrieremöglichkeiten für diese Weinprofis gehen über die Grenzen der lokalen Gastronomie hinaus. Einer, der es bis ganz nach oben geschafft hat, ist Sommelier-Weltmeister Aldo Sohm. Er arbeitet mittlerweile in den besten Häusern in New York. Er ist sich sicher, dass nahezu jeder die Fähigkeiten zum Weinkenner hat.
O-Ton Aldo Sohm:
Das Sommelier-Handwerk kann man erlernen, aber natürlich braucht man auch ein gewisses Talent dazu, das steht außer Frage. Ich glaube, man braucht generell, für alles was man macht irgendwo, die gewisse Hand dafür. Ich kann aber von mir sagen, ich hab alles selber erlernt, also, mir ist nichts in die Wiege gelegt worden, mein Elternhaus hat nichts mit Wein zu tun, und das Einzige, was bei mir zum Erfolg geführt hat, ist die Liebe und die Passion zum Wein.
Redakteur:
Die Liebe und Passion zum Wein war aber nicht nur bei Aldo Sohm der Anstoß zu einer großen Karriere. Astrid Hehenberger arbeitet in der Gastronomie und hat ihren persönlichen Status im Betrieb durch die Ausbildung zur Diplom-Sommelière komplett verändert.
O-Ton Astrid Hehenberger:
„Ich wollte Sommelière werden, weil ich in der Hotellerie arbeite und weil es einfach zur fachlichen Kompetenz gehört – meines Erachtens. Ich finde, dass sich der Status im Betrieb sehr verändert hat, weil man einfach selbstbewusster dem Gast gegenüber ist, weil man weiß, was man kann und was man gelernt hat. Das merken natürlich auch die Kollegen, das merken die Gäste und die Vorgesetzten und man fühlt sich einfach viel wohler bei dem Thema, weil man weiß, man hat eine fundierte Ausbildung genossen.“
Redakteur:
Diese fundierte Ausbildung macht es möglich, den Gaumen so zu schulen, dass er wahre Wunder vollbringen kann. Voraussetzung dafür ist aber regelmäßiges Training. Das bestätigt auch WIFI-Trainer Hans Stoll.
O-Ton Hans Stoll:
„Man muss ständig trainieren, damit man ja niemals aus der Übung kommt. Es gibt jedes Jahr einen neuen Jahrgang, es gibt ständig neue Produkte, neue Trends, Winzer versuchen mit Nischenprodukten auf den Markt zu kommen. Und hier muss man immer am neuesten Stand der Dinge sein und das fordert einen Sommelier mit ständigem Trainieren.“
Redakteur:
Nur wer ständig trainiert, entwickelt den nötigen Spürsinn, um dem Wein seine Geschichte und seine Herkunft zu entlocken. Denn, wie schon Kelten und Römer wussten: „In vino veritas“ – im Wein ist Wahrheit.
O-Ton Dietmar Hehenberger:
„Es handelt sich hierbei um einen schönen Zweigelt – österreichischen Zweigelt – aus dem Burgenland von Horitschon, vom Weingut Kerschbaum, Jahrgang 2005. Im Gesamteindruck: Dieser Wein hat eine schöne Extraktdichte, einen Alkohol von 13 Volumsprozent und so einen sehr langen Abgang. Dieser Rotwein würde ganz hervorragend passen zum Beispiel zu einem schönen Lammkotelett, in einem schönen Thymiansaft mit Knoblauch, Kartoffelgratin und vielleicht Speckbohnen.“